Vöhl – „Ich bin in meinen Chansons, sonst nirgends“: Unter diesem Vorzeichen stand die schlüssige Inszenierung des Lebens der französischen Sängerin Barbara in der Vöhler Synagoge. Karolina Petrova und Hans-Richard Ludewig erinnerten an die Künstlerin.

Barbara wurde 1930 als Tochter jüdischer Emigranten in Paris geboren. Da sie bei der Aufführung ihrer Chansons nicht nur die Ohren ihrer Zuhörer, sondern auch den unvergesslichen Eindruck im Auge hatte, blieb sie nicht nur in jeder Hinsicht stilbildend, sondern bot die ideale Vorlage für Karolina Petrovas Bio-Programm, das die optisch wie vokal ziemlich wandlungsfähige Sängerin mit Gisela Donath erarbeitet hatte.

Als vielseitiger Begleiter malte Hans-Richard Ludewig an Akkordeon und Piano ansprechende Stimmungsbilder oder setzte mit dem Glockenspiel gleich zu Beginn stilechte Akzente, während Karolina Petrova erste Schritte in Barbaras Kindheit und ihrem Weg zur Bühne tat.

„Au Bois du Saint Armand“gestaltete die Erinnerung an einen Zufluchtsort im nicht von der Wehrmacht besetzten Teil Frankreichs. Der Baum als Freund in einer von Verfolgung geprägten Kindheit und die Suche nach dem verloren gegangenen Gefühl sollte noch im weiteren Verlauf des Programms bei der Reflexion über das Selbstbewusstsein der Chansonière eine Rolle spielen, die als Monique Andrée Serf geboren wurde und sich später als Barbara neu erfand.

Der Künstlername war eine Hommage an die aus Odessa stammende Großmutter Warwara, die als einzige immer an die Begabung des Mädchens geglaubt hatte.

Die Wunschvorstellung der Kinderzeit war der Ruhm als größte Pianistin ihrer Zeit zu wirken, da es kein Klavier gab, musste die Tischplatte die Tasten ersetzen, gleichbedeutend mit ständigen Einbrüchen des Alltags durch profane Tätigkeiten wie Tischdecken.

Das rhythmische Klopfen auf die Tischplatte im frühen Chanson „Liberté“ spielt auf diese Phase an. In Deutschland ist Barbara in erster Linie durch das Chanson „Göttingen“ bekannt, das einen bedeutenden Beitrag zur deutsch-französischen Verständigung nach dem Zweiten Weltkrieg leistete und auch zuerst Karolina Petrovas Aufmerksamkeit weckte.

Die Geburtswehen dieses Liedes, die mit dem beinahe abgesagten ersten Auftritt in Deutschland einsetzen, bildeten eine der großen Spielszenen, denn als Veranstalter Hans-Gunter-Klein nicht mit dem vertraglich vereinbarten Flügel aufwarten konnte, wartete die eigenwillige Künstlerin anderthalb Stunden bis zum Auftrittsbeginn, so lange dauerte es, bis zehn Studenten ein geeignetes Instrument aus einer Wohnung in der Nachbarschaft ins Junge Theater transportiert hatten.

Erst danach gelingt es der sensiblen Künstlerin, sich auf die Stadt der Gebrüder Grimm, die Märchenwelt der eigenen Kindheit und die Kinder einzulassen, die nicht für die Leiden des Krieges verantwortlich sind.

Zweites szenisches Feuerwerk war ein (fiktives) Interview des Filmemachers Georg Stefan Troller mit der widersprüchlichen Diva im lärmendsten Café von Paris mit Blick auf die Türme der ältesten Kirche in Saint-Germain-des-Prés.