Vöhl – „Vor den Au­gen der Welt“ ge­scha­hen 1942 die Mas­sen­mor­de der Na­zis in den Ver­nich­tungs­la­gern Ost­eu­ro­pas, hei­ßt es auf der letz­ten Ta­fel zur Aus­stel­lung mit dem Ti­tel „Ak­ti­on Rein­hardt– Sie ka­men ins Ghet­to und gin­gen ins Un­be­kann­te“,, die e in der ehe­ma­li­gen Syn­ago­ge Vöhl er­öff­net wur­de. „Die Welt wuss­te es, aber tat nichts“, sag­te Karl-Heinz Stadt­ler, Vor­sit­zen­der des Syn­ago­gen-För­der­krei­ses, bei der Ver­nis­sa­ge.

Den al­li­ier­ten Gro­ß­mäch­ten sei es zu je­ner Zeit wich­ti­ger ge­we­sen, den Krieg zu ge­win­nen. Im Zu­ge der „Ak­ti­on Rein­hardt“ wur­den zwi­schen Ju­li 1942 und Ok­to­ber 1943 et­wa 1,6 bis 1,8 Mil­lio­nen Ju­den so­wie rund 50 000 Ro­ma aus den fünf Di­strik­ten des Ge­ne­ral­gou­ver­ne­ments (War­schau, Lu­blin, Ra­dom, Kra­kau und Ga­li­zi­en) in den Ver­nich­tungs­la­gern Bel­zec, So­bi­bor und Treb­linka er­mor­det.

Stadt­ler blät­ter­te die dunk­len Sei­ten der Chro­nik der sys­te­ma­ti­schen Ver­nich­tung der eu­ro­päi­schen Ju­den in sei­ner Re­de am Vor­abend des 1. Ju­ni auf, an dem vor 80 Jah­ren am Kas­se­ler Haupt­bahn­hof ein De­por­ta­ti­ons-Son­der­zug mit 508 Ju­den aus dem Re­gie­rungs­be­zirk Kas­sel ab­fuhr, dar­un­ter 42 Frau­en, Män­ner und Kin­der aus den Krei­sen Wal­deck und Fran­ken­berg (wir be­rich­te­ten).

Es sei dies nach Trans­por­ten aus Ost­eu­ro­pa der ers­te Zug aus dem Deut­schen Reich ge­we­sen, der in dem Ver­nich­tungs­la­ger So­bi­bor am 3. Ju­ni 1942 an­ge­kom­men sei, konn­te Bür­ger­for­scher Stadt­ler er­mit­teln. „In­ner­halb von zwei Stun­den wur­den sie al­le in den Gas­kam­mern ge­tö­tet.“ Zu­vor wa­ren ar­beits­fä­hi­ge Män­ner in Lu­blin ent­la­den und zum Bau des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Ma­jd­anek se­lek­tiert wor­den.

Der Tarn­na­me „Ak­ti­on Rein­hardt“ be­zog sich auf den Vor­na­men von Rein­hard He­yd­rich, Lei­ter des Reichs­si­cher­heits­haupt­amts (RSHA), und ei­ner der Haupt­or­ga­ni­sa­to­ren des Ho­lo­caust, der im Mai 1942 nach ei­nem At­ten­tat in Prag ge­stor­ben sei und um den sich un­ter den Na­zis ein re­gel­rech­ter Per­so­nen­kult ent­wi­ckelt ha­be, wie Karl-Heinz Stadt­ler be­rich­te­te. Bis zum 31. De­zem­ber 1942 soll­te die „End­lö­sung der Ju­den­fra­ge“ er­folgt sein.

In Er­in­ne­rung an ein frü­he­res Schwer­punkt­the­ma der Syn­ago­ge Vöhl ver­wies Stadt­ler auf die von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten 1940/41 or­ga­ni­sier­te „Ak­ti­on T 4“ zur Er­mor­dung von 70 000 be­hin­der­ten Men­schen in Gas­kam­mern. „Die­ses frei­ge­setz­te Eu­tha­na­sie-Per­so­nal wur­de nun in den ost­eu­ro­päi­schen Ver­nich­tungs­la­gern der Ak­ti­on Rein­hardt ein­ge­setzt.“

Dank galt zu Be­ginn der Ver­nis­sa­ge Ra­phae­la Ku­la (Kas­sel) für die Ver­mitt­lung der in Ma­jd­anek kon­zi­pier­ten Wan­der­aus­stel­lung mit 20 Roll-Ups.

Ei­ne be­son­de­re Ver­tie­fung er­fah­re die The­ma­tik durch acht Bil­der und ei­ne Skulp­tur, die der Kor­ba­cher Kunst­ver­ein spe­zi­ell für das Schwer­punkt­the­ma De­por­ta­tio­nen an­ge­fer­tigt ha­be, wo­für er be­son­ders dank­bar sei, hob Stadt­ler her­vor.

Für ei­nen ein­fühl­sa­men mu­si­ka­li­schen Rah­men der Aus­stel­lungs­er­öff­nung sorg­te mit der Quer­flö­te Bar­ba­ra Küp­fer.