14.12.2018, Stimmen gegen den "Wahnsinn"

 

Stimmen gegen den „Wahnsinn“
Warnung vor Volksverhetzern: Paul Horn und Freunde bekamen für ihren bewegenden Auftritt in der Vöhler Synagoge viel Applaus vom Publikum. Foto: Armin Hennig
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Hennig, Armin

Von Armin Hennig

Vöhl. „Und die Finsternis hat es nicht begriffen“: Unter dem Motto aus dem Johannes-Evangelium stand die aktuelle Version des alternativen Weihnachtsoratoriums, mit dem Paul Horn und Freunde in Vöhl gastierten.

Querdenker, unzeitgemäße Poeten und Verfolgte aus den unterschiedlichsten Zeitaltern vereinigten auch dieses Mal ihre Stimmen gegen den wohlfeilen alltäglichen Wahnsinn.

Zu Beginn war es ganz finster im Saal der Alten Synagoge, ehe die Stimme Katerina Petrovas von der Empore für den ersten Lichtschein sorgte. Ein Eröffnungsmoment, der erst am Ende des Programms seine volle Bedeutung bekam.

Verschiedene Kulturkreise

„Durch den Riss in jedem Sein, kommt erst das Licht hinein“, hatte Paul Horn diese Zeile aus Leonard Cohens „Hymne“ als Plädoyer gegen geschlossene Weltbilder und für das Leben mit den eigenen Widersprüchen gesetzt. Im Verlauf des Programms standen viele der selbst vertonten und übersetzten Dichtungen und Lieder aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen thematisch miteinander in Beziehung. Auch der Genius Loci sorgte für besondere Momente der Verbindung. So vermittelte der Davidsstern der Vöhler Synagoge bei Avrom Sutsekers „Unter dajne wajsse Schtern“, das Lied aus den Dreißigern sei im Veranstaltungsort entstanden.

Das gemeinsame Thema Gefangenschaft war ein Bindeglied zu „En una noche oscura“ des spanischen Reformators Johannes vom Kreuz, der in den Kerkern der Inquisition über die dunkle Nacht der Seele und eine Befreiung dichtete, die tatsächlich gelang. Düstere, schleppende Akkordeonklänge, kennzeichneten den Ausgangspunkt im musikalischen Bereich, der Bass von Matthias Manz und die Geige Katerina Petrovas brachten Tempo und Licht in die Vision von Befreiung und Liebe, die in einer Engelsstimme gipfelte.

Der Musiker und Komponist Paul Horn aus Dresden versteht sein Weihnachtsprogramm als Warnung vor den „Volksverhetzern“, die in Sachsen nahe dran sind bei den nächsten Wahlen als stärkste Kraft in den Landtag einzuziehen. Ein E-Bass, der aus einer Heavy-Metal-Aufnahme entsprungen sein könnte löst das Grauen ab, markiert zugleich den Beginn des intensivsten Stücks des Abends.

Tiefpunkt im Dasein

„Du willst es dunkler“ eine existenzialistische Nachdichtung von Leonard Cohens letztem Streich „You want it darker“ markiert den Tiefpunkt im Dasein als Ausgangspunkt einer Gottesbegegnung, die mit der Berufung zum Mahner und Propheten endet. Weihnachtsimpressionen aus verschiedenen Kulturkreisen bilden lichte Kontraste zu den Seelengesängen, etwa Melekalikimaka mit seiner Hawaii-Stimmung aus dem Weihnachtsalbum des Crooners Bing Crosby. „Irrlicht“ von Rio Reiser und „Stand by me“ als finale Soul-Zugabe mit Matthias Manz am Mikro folgten als Dankeschön ans Publikum für lang anhaltenden Beifall.

 
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