11.11.2017 "Kultur des Mitgefühls leben"

 
„Kultur des Mitgefühls leben“
Gedenken an ermordete Juden: Jannik Lorenz, Najila Nazeri, Lilli Kreten und Silas Westmeier (von links) entzündeten 72 Teelichter, um an die ermordeten Vöhler Juden zu erinnern. Fotos:  Zecher-Christ
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Nadja Zecher-Christ

Vöhl. Die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 war Auftakt zur systematischen Vernichtung Menschen jüdischen Glaubens. Bundesweit wurden Gedenkfeiern zu den Novemberpogromen veranstaltet, die sich zum 79. Mal jähren. Der Förderkreis Synagoge und die evangelische Kirchengemeinde hatten zum Gedenken an die 72 ermordeten Vöhler Juden in die ehemalige Synagoge eingeladen, und zahlreiche Menschen waren dem Aufruf gefolgt.

Pfarrer Jan-Friedrich Eisenberg leitete den Abend mit einem Vergebungsgebet ein und gab einen Rückblick auf die Geschichte des Judentums. „Die Juden haben ihre Kultur unter wechselnden Fremdherrschaften einfach weitergepflegt“, sagte er. Stellvertretend für die Opfer nannte Karl-Heinz Stadtler (Förderkreis Synagoge) Geschäftsmann Max Mildenberg, der in der Mittelgasse gelebt hatte. „Er war im Dorf sehr beliebt und in vielen Vereinen aktiv.“ Mildenberg sei einer von drei Männern aus Vöhl gewesen, die am 10. November verhaftet und von Kassel nach Buchenwald gebracht wurden. Dekanin Petra Hegmann sagte: „Ohne Erinnerung gibt es keinen neuen Anfang.“ Vor 79 Jahren seien Synagogen verwüstet worden oder in Flammen aufgegangen, auf Gebetbüchern herumgetrampelt, Geschäfte geplündert, Menschen verfolgt und umgebracht worden. Das Volk der Dichter und Denker mit christlich geprägter Kultur und vielen Menschen christlichen Glaubens sei auf einem Tiefpunkt gewesen. „Wir haben die Pflicht vor Gott und der Welt, diese Schuld von damals nicht zu vergessen oder zu entwerten“, sagte sie. Es habe damals zwar leisen Widerstand, aber keine nennenswerte Gegenwehr gegeben. „Es gab viele bewusst verschlossene Augen in Deutschland, genauso wie im Ausland, viel christlichen Hochmut, wie Angst.“ Es sei gut, Geschichte nicht zu verdrängen, sondern sich ihr zu stellen. „Wir brauchen Menschen, die eine Kultur des Mitgefühls leben und die aus diesem Mitgefühl heraus Partei ergreifen für Menschen, deren Rechte mit Füßen getreten werden.“

Der Abend wurde von Bläsern mit christlichen Weisen umrahmt. Einige Förderkreis-Mitglieder verlasen die Namen der ermordeten Vöhler Juden, während Schüler 72 Teelichter auf einem Tuch entzündeten - eine für jedes Holocaust-Opfer. Die Steine auf dem Tuch symbolisierten jene, die traditionell auf jüdischen Grabsteine liegen. Barbara Küpfer sang das hebräische Kaddisch-Gebet zum Totengedenken, der ehemalige Pfarrer Günter Maier verlas die deutsche Übersetzung. (nz)

Machten Musik: Walter Holzapfel, Juliane Nolte, Nils Lichtenfeld und Benedikt Huhn.
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