Vöhl – Im Jahre 2009 besuchte die frühere Battenberger Jüdin Hannelore Dreifus, geb. Stern, die ehemalige Synagoge in Vöhl. Ihr gefiel die Arbeit des Vöhler Vereins so sehr, dass sie ihm ein Jahr später ein besonderes Geschenk machte: Das Totenkleid, das sie schon zu Lebzeiten für sich selbst gekauft hatte und das sie nun in den USA – wie sie sagte – nicht mehr benutzen wollte. Außerdem übereignete sie dem Förderkreis einen Purimteller. Beide Präsente werden neben anderen Judaica im kleinen Museum der Synagoge ausgestellt.

Totenkleid und Teller waren nun ein Grund dafür, dass ein Besuch in der Vöhler Synagoge zu einer hochemotionalen Angelegenheit wurde. Acht Nachfahren der Hannelore Dreifus besuchten Deutschland auf einer Tour auf den Spuren ihrer Vorfahren, verbrachten ein Wochenende in Battenberg, wo sie den Friedhof und das Dorfmuseum in Battenfeld und andere Orte besuchten, die mit ihren Vorfahren in Zusammenhang standen.

Jürgen Hübner, nun bei Berlin wohnend, 2009 Vorsitzender des Battenberger Geschichtsvereins, wusste vom Besuch von Hannelore Dreifus in Vöhl und schlug nun auch den Nachfahren vor, einen Ausflug nach Vöhl zu unternehmen. Die Gäste aus den USA – das waren zwei Söhne der Hannelore Dreifus, eine Schwiegertochter, eine Enkelin mit Ehemann und weitere Enkel. Sie wurden von mehreren Battenberger Geschichtsfreunden begleitet.

Der Zufall wollte, dass der Besuch in die Zeit des Landkulturbotenprojekts fiel. Anastasiya Subbotina und Sahra Müller übernahmen daher die Aufgabe, die Gäste durch die Synagoge zu führen, dem Bedürfnis der Gäste nachkommend, sogar in englischer Sprache. Christiane Schimana-Schreiber, für das Landkulturbotenprojekt verantwortlich, und Karl-Heinz Stadtler ergänzten an der einen oder anderen Stelle und stellten den Gästen die Arbeit des Förderkreises vor.

Wie erwartet, fand das Totengewand das besondere Interesse der Besucher. Es war berührend zu sehen, wie sehr dieser besondere Gegenstand ihre Gemüter bewegte. Weißes Leinen mit schwarzer Borte versehen, so lagen in der Vitrine die Haube für den Kopf, Handschuhe und Schuhe, das Kleid, die Schürze und ein kleines Säckchen für Erde aus Israel. Da Juden davon ausgehen, dass der Messias noch kommt, und weil einige erwarten, dass er zuerst nach Israel kommt, wollen außerhalb von Israel wohnende Juden wenigstens ein wenig Erde aus ihrem „Heiligen Land“ mit ins Grab nehmen.

Anschließend saßen Gäste und Gastgeber noch zwei Stunden in Gesprächen zusammen. Die Enkelgeneration der Gäste unterhielt sich angeregt mit den jugendlichen Landkulturboten. Dieses Projekt stieß bei den Besuchern auf großes Interesse. Sie waren sogar richtiggehend begeistert – sowohl von dem Projekt an sich, als auch von den beiden jungen Damen, die sie so kompetent durch das Haus geführt hatten.

Karl-Heinz Stadtler meinte beim Abschied: „Begegnungen wie diese sind einer der Gründe dafür, dass wir tun, was wir tun: Erinnern an das, was in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft Menschen angetan wurde, die hier lebten; die Nachfahren um Vergebung bitten und zeigen, dass Deutschland heute ein anderes Land ist; jüdische Kultur durch Konzerte, Ausstellungen und Vorträge vorstellen. Wir bemühen uns insbesondere um den Kontakt zu jungen Leuten und arbeiten deshalb gern und intensiv mit Schulen und insbesondere mit der Ederseeschule Herzhausen zusammen.“

Die Gäste fanden beim Abschied viele nette Worte für die Arbeit des Förderkreises wie auch für ihre vorherigen Begegnungen in Battenberg und Umgebung. RED