11.11.2021, Im Dialog den Frieden bewahren

 

Im Dialog den Frieden bewahren

Gedenkveranstaltungen für Opfer des Holocaust in Vöhl

 
Jugendliche zündeten bei der Pogrom-Gedenkveranstaltung in der ehemaligen Vöhler Synagoge Kerzen an.
Foto: Armin Hennig

Vöhl – Nach einem Jahr Pause zündeten mit Lea Eisenberg, Mali Klöcker, Luca Mohnen und Niko Sell in Gegenwart von Zeugen die 72 Kerzen zum Aufruf der Namen der Vöhler Juden an, die Opfer des Nationalsozialismus geworden waren.

Im Vorjahr ließen die Präventionsmaßnahmen nur die virtuelle Version der Kombination Friedensgebet in der Martinskirche und Gedenken an die Reichspogromnacht zu, umso eindrucksvoller geriet in diesem Jahr die Anknüpfung an die gute Tradition. In der Martinskirche arbeitete Pfarrer Jan Friedrich Eisenberg die verbindenden Elemente zwischen den beiden Religionen mit der gemeinsamen Wurzel heraus.

Dabei verwies er auch auf zahlreiche verwandte Elemente in Struktur und Ausgestaltung bei den benachbarten Gotteshäusern, an deren Bau zum Teil wohl dieselben Handwerker beteiligt waren.

„Im Dialog zu bleiben, hilft den Frieden zu bewahren“ lautete die Empfehlung Eisenbergs für sämtliche Konfliktfelder des Lebens, auch im Hinblick auf die Reihe der jüdisch-christlichen Dialoge.

Karl-Heinz Stadtler ging in seiner Gedenkrede in der Synagoge auf die dunklen Seiten der Nachbarschaft in düsteren Zeiten und die Konsequenzen ein, die an den Verbrechen im Dritten Reich unbeteiligte Generationen für ihr Handeln ziehen sollten. Dabei begann der Vorsitzende des Förderkreises mit der sich immer schneller drehenden Spirale der Diskriminierung gegen jüdische Mitbürger seit 1933.

Er richtete dann den Fokus auf die Vorfälle in Vöhl und zog eine lokale Unrechtsbilanz von Angriffen oder Übergriffen auf Vöhler Juden. Drei junge Männer aus der jüdischen Gemeinde wurden schon kurz nach der Machtübernahme gewissermaßen präventiv verhaftet. Als besonders boshafte Ironie der Geschichte erwies sich das Schicksal von Günter Sternberg, der unter dem Wachpersonal einen jungen Mann aus der Vöhler Nachbarschaft erkannte. Das Gebäude an der Mittelgasse war keine Synagoge mehr und nur deshalb nicht von den Ausschreitungen am 9. November 1938 betroffen. An der Versteigerung von Einrichtung und Hausrat der deportierten Juden beteiligten sich die ehemaligen Nachbarn.

„Keiner unter den heute Lebenden war an den Verbrechen der Nazis beteiligt oder hat die Deportation der Nachbarn einfach hingenommen oder gar davon profitiert, aber aus der deutschen Geschichte haben wir die Verpflichtung, für das Recht von Menschen auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit einzutreten. Ob sie nun wegen ihres Geschlechts, der Hautfarbe oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden“, sprach Stadtler eine Verpflichtung auf die Garantien des Grundgesetzes aus.

Pfarrer i. R. Günther Maier und Barbara Küpfer sprachen die Totenklage Kaddisch in deutscher und aramäischer Sprache. Die Veranstaltung wurde musikalisch umrahmt vom Chor „Da Capo“.

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