Vöhl – In der letz­ten Bank der Vöh­ler Kir­che sa­ßen sonn­tags zwei Män­ner der Ge­hei­men Staats­po­li­zei (Ge­sta­po), die sich bei der Pre­digt von Pfar­rer Lic. Fer­di­nand Hoff­mann No­ti­zen mach­ten. Es folg­ten Ver­hö­re im Pfarr­haus. Ei­ne Ver­haf­tung vor ei­nem Got­tes­dienst schei­ter­te, weil sich so­gar NS­DAP-an­ge­hö­ri­ge Vöh­ler Ge­mein­de­mit­glie­der ul­ti­ma­tiv schüt­zend vor ih­ren Pfar­rer stell­ten. Hoff­mann, von 1938 bis 1967 Kreis­pfar­rer und De­kan, wirk­te von Be­ginn an als Ob­mann der 15 Pfar­rer, die sich im evan­ge­li­schen Kir­chen­kreis Fran­ken­berg im Herbst 1933 zur „Be­ken­nen­den Kir­che“ zähl­ten und da­mit ei­nen ent­schie­de­nen Ge­gen­kurs zu Hit­lers „Deut­schen Chris­ten“ steu­er­ten.

Bei ei­nem Vor­trags­abend mit vie­len Bil­dern und Zeit­zeu­gen­be­rich­ten wur­den in der ehe­ma­li­gen Vöh­ler Syn­ago­ge jetzt Schick­sa­le von die­sen „Pfar­rern im Wi­der­stand“ sicht­bar, ein The­ma, das bis­her noch we­nig in den Blick­punkt der For­schun­gen zur NS-Zeit in der Wal­deck-Fran­ken­ber­ger Re­gi­on ge­langt sei, wie Karl-Heinz Stadt­ler als Vor­sit­zen­der des För­der­krei­ses Syn­ago­ge in Vöhl zu Be­ginn er­klär­te.

Karl-Her­mann Völ­ker (Wie­sen­feld), selbst auf­ge­wach­sen im Pfarr­haus von Vier­mün­den, wo er als Kind auf dem Dach­bo­den noch die Ha­ken­kreuz­fah­ne des ein­zi­gen NS-li­ni­en­treu­en Pfar­rers ge­fun­den hat­te, und Fried­rich Hoff­mann (Herz­hau­sen), Sohn des Vöh­ler Ob­man­nes der Be­ken­nen­den Kir­che, be­schrie­ben bei der Ver­an­stal­tung in der Vöh­ler Syn­ago­ge ein­drucks­voll die span­nungs­vol­le Si­tua­ti­on am Bei­spiel kon­kre­ter Pfarrerbio­gra­fi­en.

Mit gro­ßer Be­geis­te­rung wa­ren noch am 1. Mai 1933 im Kreis Fran­ken­berg auch Pfar­rer und Leh­rer der „na­tio­na­len Er­he­bung“ ge­folgt, bei der der sich an­fangs noch be­son­ders fromm ge­ben­de Dem­ago­ge Adolf Hit­ler die Kir­che als „wich­tigs­ten Fak­tor zur Er­hal­tung un­se­res Volks­tums“ um­wor­ben hat­te.

Bern­hard von Hal­ler (1874-1954), von den Na­zis 1934 amts­ent­ho­be­ner Ober­kir­chen­rat, stell­te in Be­zug auf das spä­ter von ihm be­treu­te Wal­deck sehr deut­lich fest: „Die Kir­che hat bei uns zu ih­rem Teil mit da­zu ge­hol­fen, den Bo­den zu be­rei­ten, in dem die Saat des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus auf­ge­hen konn­te. Auch lan­ge vor der Macht­er­grei­fung der NS­DAP ist vom Lan­des­kir­chen­amt bei je­der Ge­le­gen­heit die Wich­tig­keit der Pfle­ge gu­ter Be­zie­hun­gen zu ihr be­tont wor­den.“

Spä­tes­tens seit dem „Sport­pa­last­skan­dal“ vom 13. No­vem­ber 1933, als 20 000 „Deut­sche Chris­ten“ of­fen ih­ren An­ti­se­mi­tis­mus be­kann­ten und die Be­frei­ung vom Al­ten Tes­ta­ment mit sei­ner „jü­di­schen Lohn­mo­ral, von die­sen Vieh­händ­ler- und Zu­häl­ter­ge­schich­ten“ for­der­ten, war für Kir­chen­mit­glie­der klar, wel­chen Kurs die­se ab­ge­spal­te­ne Kir­chen­ver­si­on Hit­lers steu­er­te.

Karl-Her­mann Völ­ker be­schrieb, wie sich auch an­fäng­lich noch NS-be­geis­ter­te Pfar­rer dem „Bru­der­rat“ und „Pfar­rer­not­bund“ der Be­ken­nen­den Kir­che an­schlos­sen. Als Bei­spie­le nann­te er Ge­org Baltz (Bot­ten­dorf) oder Wil­helm Möl­ler (Löhl­bach), schil­der­te dann die Aus­schrei­tun­gen der Na­zis ge­gen Pfar­rer Gus­tav Ham­mann sen. in Löhl­bach oder Theo­dor Dan­nert in Hai­na. Ei­ner der Haupt­rä­dels­füh­rer war bei den Über­fäl­len auf das Löhl­ba­cher Pfarr­haus SS-Haupt­sturm­füh­rer Gott­fried Hart­mann, ab 1952 bis 1964 pro­blem­los wie­der Bür­ger­meis­ter von Hai­na.

Fried­rich Hoff­mann und Karl-Her­mann Völ­ker ge­dach­ten am En­de des Abends der mu­tig be­ken­nen­den Pfar­rer wie Fer­di­nand Hoff­mann oder Hein­rich Bal­zer (Fran­ken­berg) so­wie des aus Bot­ten­dorf stam­men­den Leh­rers Ge­org Maus, der am 15. Fe­bru­ar 1945 als Mär­ty­rer um­kam und im KZ Flos­sen­bürg sei­ne letz­te Ru­he­stät­te fand. zve