Vöhl – Im Rahmen des Kultursommers Nordhessen ist das „Ad astra Percussion Ensemble“ in der ehemaligen Synagoge in Vöhl aufgetreten. Die Dimensionen des Denkmals ließen zwar nur eine reduzierte Besetzung zu, die Premiere in einem so kleinen Raum, erwies sich zudem auch als Herausforderung in Sachen Dosierung der Dynamik. Doch Deng Wehui und Leon Lorenz ließen sich vom genius loci und der Verbindung vom Sternenhimmel im Dach des Gebäudes und dem Namen der Gruppe (Zu den Sternen) inspirieren.

Dabei sorgten die akustischen Herausforderungen des kleinsten Konzertraums bislang für Premierenfieber, auch wenn die Zuhörer erst bei der Zugabe eine Ahnung davon mitbekamen, wie hoch die Spannung beim ersten Stück gewesen sein musste: Denn beim zweiten mal klang die Crossover-Komposition „Udacrep Akubrad“ von Avner Dorman viel ausgelassener, selbstbewusste Spielfreude war an die Stelle des kalkulierten Risikos getreten.

Für respektvolles Staunen sorgte aber auch schon die erste Darbietung des Arrangements für zwei Marimbas, in deren Melodien sich spanische Einflüsse und keltische Motive kreuzten. Bei der Aufteilung der Stimmen setzten die beiden Virtuosen auf Kontraste mit wechselnden Einsätzen am obersten und untersten Ende der Skala.

Das Werk des israelischen Komponisten erlebte 2007 seine Premiere mit Orchester, den umgekehrten Weg ging Maurice Ravels „Alborada de gracioso“, das ursprünglich für zwei Klaviere komponiert wurde und anschließend vom Komponisten für die bekanntere Version instrumentalisiert wurde. Im ungleich bekannteren Klassiker der Moderne ließ sich der Anspruch der beiden Multiperkussionisten, das beste aus beiden Welten auf der Marimba zu bieten, auf Anhieb nachvollziehen.

Als weiterer Höhepunkt in Sachen Zusammenspiel erwies sich Astor Piazollas „Café 1930“, beim Tango auf Samtpfoten konnte sich das Publikum zum ersten mal entspannt zurücklehnen. Eine Verschnaufpause zwischen zwei anspruchsvollen dialogischen Kompositionen.

In Matthias Schmitts Ghania trafen zwei unterschiedlichen Perkussions-Kulturen aufeinander. Während Leon Lorenz afrikanische Muster trommelte, reagierte Deng Wehui erst mit Besen, Pfeife und anderem hellen oder leichtgewichtigen Instrumentarium, ehe sich aus dem Frage- und Antwort-Spiel eine gemeinsame rhythmische Linie ergab.

Georges Aperghis „Le Corps a corps“ erwies sich als ständig weiter eskalierende Diskussion mit der Trommel, bei der die Lippen der Solistin die eine Partei vertraten, die Hände die Gegenposition, ehe ein stürmischer Lauf zum Ausgang das Ende des performativen Werkes markierte. Vor seinem Solostück mit dreizehn Trommeln bot Leon dem Publikum an, sich ruhig die Ohren zuzuhalten, denn auf so engen Raum war „Thirteen drums“ von Maki Ishiii noch nie erklungen.

Doch auch beim härtesten Anschlag auf die Trommelfelle sah sich niemand dazu gezwungen, dieses Angebot anzunehmen. Bei geschlossenen Augen entfaltete die Solokomposition dagegen eine zusätzliche Klangdimension. Strukturell entsprach die Kombination aus brachialer japanischer Taiko-Tradition und den Finessen deutscher Orchesterkultur am ehesten dem Schlagzeugsolo, wechselnde Klangeffekte setzten ständig neue Reize.

Als finaler dynamischer Leckerbissen für das Publikum in der Vöhler Synagoge erklang Ivan Trevinos Kanon „Catching shadows“, in dessen Verlauf die Verzögerung zwischen den beiden Stimmen besondere klangliche Reize entwickelte.

Überwältigender Beifall für das „Ad astra Percussion Ensemble“, in dem sich Perkussion-Liebhaber wie anfängliche Skeptiker vereinigten, ebnete zum Abschluss den Weg für eine Zugabe.