Freitag, 15. September 2023, Waldeckische Landeszeitung / Lokales
Nuancierter Gesang begeistert
Maria Thomaschke brilliert bei Chanson-Abend in der Vöhler Synagoge
Vöhl – Die ersten Klaviertöne, die ersten Worte des Chansons von Hildegard Knef „Zirkus“ erklangen: „Treten sie ein, meine Damen und Herren, treten sie ein und zögern sie nicht...“ - und sofort war das Publikum mittendrin im Geschehen.
Einen mitreißenden Chanson-Abend erlebten die BesucherInnen der Synagoge in Vöhl mit Maria Thomaschke, die scheinbar mühelos in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfte und mit jedem Chanson eine neue Facette ihrer Gesangs- und Schauspielkunst entfaltete. Am Klavier wurde sie virtuos und vor allem einfühlsam begleitet von Nikolai Orloff.
Die Bandbreite der Chansons, die sie interpretierten, war weit gefasst. Der Klassiker von Georg Kreisler wie „Zwei alte Tanten“ führte ein in die Thematik des Programms „Wenn ich nachts nicht schlafen kann, schau ich gern beim Fenster raus. Und ich sehe mir die Straße an oder vis-à-vis das Haus“. So wurden die Zuhörer entführt nach Berlin, ins Vorderhaus, wo ein Pärchen frisch zusammengezogen ist und Streit hat („Wo ist das Problem!“ Frank Ramond), zum neuen Nachbarn, der reden kann, ohne Atem zu holen („Das Ding, das die Treppe runtergehen kann“, Sebastian Krämer), und ins Hinterhaus („Da war ein Mann, der wollt so gerne nicht mehr leben“, Hermann van Veen).
Aber nicht nur Problematisches wurde besungen, mit „Ich bin ja heut so glücklich“ (Paul Abraham) und „Gastgeber“ (Pigor und Eichhorn) wurden die Lachmuskeln der Zuhörerinnen und Zuhörer aktiviert. Neue und alte Chansons, 98 Prozent aller Chansons handeln von der Liebe, stellte Thomaschke im Laufe des Abends fest, enttäuschte Liebe („Ich hab dich immer geliebt“, Georg Kreisler), erwiderte Liebe, vergangene Liebe („Wie sich Mühlen dreh’n im Wind“, Michel Legrand), gekaufte Liebe.
In der individuellen Gestaltung erklangen sie fein nuanciert, ausdifferenziert bis ins Kleinste und immer sehr persönlich. Das letzte Lied des Programms widmete Thomaschke ihrem Begleiter Nikolai Orloff, ohne den der Abend gar nicht vorstellbar sei, mit „Ich bin verrückt nach jedem Pianisten“ (Rainer Bielfeldt). Das Publikum verabschiedete die Künstler mit minutenlangem begeisterten Applaus. Als Zugabe gab es ein Lied „das in kein Programm passt“, umso glücklicher war Maria Thomaschke, es wieder singen zu können: „Ein Denkmal denkt“ von Bodo Wartke - passend zum Tag des Denkmals, anlässlich dessen das Konzert mit der Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen stattgefunden hat. red