9.7.2019, "Normale Menschen, so wie wir"

„Normale Menschen, so wie wir“
Memory mit Bildern aus der Synagoge spielten die Kinder.
NewsSuite
Renner, Julia

VON JULIA RENNER

Vöhl - Wie vermittelt man Kindern die Gräueltaten des Nationalsozialismus? Die Landkulturboten in der Vöhler Synagoge stellen sich auch dieser Aufgabe. Während des besonderen Ferienjobs hatten Celina Henkler und Leo Wilden am Montag Besuch aus dem Vöhler Kindergarten.

„Wisst ihr denn, was eine Synagoge ist?“, wollte Leo Wilden von den Mädchen und Jungen wissen. „Eine Kirche“, ruft eines der Mädchen im Stuhlkreis. Henkler und Wilden, beide 15 Jahre alt, erklären den Kindern den jüdischen Glauben und die Judenverfolgung mit einfachen Worten. „Sie waren normale Menschen, so wie wir auch, aber manche mochten sie nicht und brachten sie deshalb weg.“ Die Drei- bis Sechsjährigen hören aufmerksam zu.

„Mit Zahlen können die Kinder nicht viel anfangen“, war sich Leo Wilden zuvor bereits sicher. Mit Celina Henkler hat er deshalb nicht nur einen lockeren Stuhlraum aufgebaut, sondern auch ein Memory-Spiel vorbereitet. Die beiden Ferienjobber haben dafür Gegenstände aus der Synagoge fotografiert. Mit diesen gehen die Kleinen im Anschluss noch durch das ehemalige jüdische Gotteshaus. Sie sollen einige dieser Gegenstände finden. Wer etwas entdeckte, bekam eine kleine Leckerei. „Das spielerische Element ist wichtig“, sagt Wilden.

Zusammen mit den 21 Kindern ist auch Kindergartenleiterin Marion Fichtenau in die Synagoge gekommen. Wilden hatte bei ihr angefragt, ob sie nicht einmal mit einer Klasse zu einer Führung kommen wolle. Sie sagte spontan zu, bereits im vergangenen Jahr war sie mit einer Gruppe zum Besuch in der Synagoge.

Auch jüngeren Kindern könne man diesen Teil der deutschen Geschichte näher bringen, findet sie. „Kinder können gut unterscheiden zwischen Gut und Böse“, sagt sie. „Man kann ihnen vermitteln, dass jeder seinen Platz hat. Niemand ist besser oder schlechter als jemand anders.“ In kleiner Runde fragt sie ein paar Mädchen und Jungen: „Darf man einfach in eine Kirche gehen und alles kaputt hauen?“ Die Antwort der Kinder ist eindeutig: „Nein!“

Jeweils zwei Wochen sind stets zwei Landkulturboten in der Synagoge, unter anderem, um in der Ferienzeit Führungen anzubieten. Montags bis freitags, zwischen 9 und 12 sowie von 13 bis 16 Uhr stehen die Türen für Besucher offen. Auch an weiteren Projekten arbeiten die Kulturboten während des Ferienjobs. So erstellt Celina Henkler eine Präsentation über jüdische Familien in ihrem Wohnort Basdorf, während Leo Wilden tiefer in das Thema Euthanasie einsteigt. Zum Abschluss des Landkulturbotenprojekts werden die Arbeiten vorgestellt.

Für die beiden Schüler ein spannender Ferienjob, bei dem sie selbst noch viel lernen, erzählen sie. Den Nationalsozialismus mache man sich durch die Arbeit noch einmal ganz anders bewusst, sagt Leo Wilden.

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