morgen - ge-stern (2005) (Stern ohne Himmel auf israelischer Erde) © Kurt-Willi Julius
Kurt-Willi Julius
von Kurt-Willi Julius
(*1953 in Frankenberg an der Eder, lebte in Vöhl- Kirchlotheim, und dort am 8.3.2014 gestorben) Die Arbeit von Kurt-Willi Julius wurde inspiriert durch Micha Ullmans unter einer Glasplatte sichtbare unterirdische Bibliothek auf dem Bebelplatz in Berlin. Ihre Regale sind leer.
Dort, in der Mitte des Bebelplatzes (damals Opernplatz) verbrannten am 10. Mai 1933 nationalsozialistische Studenten rund 20000 Bücher von Hunderten von Autoren. Dies sollte den Höhepunkt einer von Propagandaminister Joseph Goebbels angeordneten "Aktion wider den undeutschen Geist" bilden.
Ein Loch im Boden, eine Grube, prägt viele der Werke Micha Ullmans. Sein Ausspruch: „Wer eine Grube gräbt, erweitert den Himmel“ wurde in der Arbeit von Julius aufgegriffen. Über der vom Schmiedemeister Heinrich Figge aus Höringhausen angefertigten metallenen „Grube“. wölbt sich der hölzerne Synagogenhimmel. Eines der Himmelsbretter, ein „Stern ohne Himmel“, ist zentrales Element der Ausgestaltung der Grube.
Darum gruppiert finden sich Spiegelscherben, die von bestimmten Betrachtungspunkten aus zentrale Elemente des Synagogenraumes spiegeln, etwa den Leuchter, den Mond (oder ist es die Sonne?) in der Mitte der Kuppel, das runde Fenster mit Davidstern. Die Scherben erinnern an die Geschehnisse der Pogromnacht, spiegeln aber zugleich die Jetztzeit wider, die Veränderungen, die der Sakralraum durch die Renovierungs- und Restaurierungsmaßnahmen erfährt.
Sternenbrett und Scherben liegen in einem Bett von Erde aus Israel. Diese Erde wurde am 12. Mai 2005 mit den Händen aus dem Rosengarten entnommen, den Gerda Rothschild ihrem Mann Richard an diesem Tage zu seinem 100. Geburtstag schenkte. Beide waren 1935 aus Deutschland nach Israel ausgewandert und leben in Asseret südlich Tel Aviv. Erinnerungen an Richard Rothschild, den wohl ältesten noch lebenden in Vöhl Geborenen überhaupt, sind zahlreich. Durch die Erde, samt Steinchen, Samen und Pflanzenresten soll die enge Verbindung zu ihm durch eine dauerhafte Erinnerung an ihn wach gehalten werden, so lange es geht. Denn: alles ist vergänglich: das Brett wird weiter zerfallen, der Metallkasten rosten, und die Erde…. (?)
Rund um den Metallbehälter wurden die sieben Tugenden in Stein graviert. Julius sieht sie als Begriffe an, die sich in den meisten Kulturen und Religionen so oder in ähnlicher Formulierung wiederfinden und die Maßstäbe für ein an gegenseitiger Achtung und Toleranz orientiertes Zusammenleben von Menschen bilden.
© Monika Bunk
© Kurt-Willi Julius
sechs Begriffe sind fertig gestellt; Mai 2005 © Kurt-Willi Julius
der Metallkasten, gestiftet vom Schmiedemeister Heinrich Figge © Kurt-Willi Julius
Die Erde in der Arbeit von Kurt-Willi Julius stammt aus dem Rosengarten, den Gerda ihrem Mann Richard Rothschild zum 100. Geburtstag schenkte; 12. Mai 2005 © Karl-Heinz Stadtler
© Kurt-Willi Julius