ohne Titel (2005) © Kurt-Willi Julius
Dani Karavan
von Kurt-Willi Julius
(*1930 in Tel Aviv, lebt in Paris und Israel) war 1977 und 1987 Teilnehmer der Documenta 6 bzw. 8 und wurde 2004 mit dem „Piepenbrock Preis für Skulptur“ ausgezeichnet, die mit 50.000 Euro höchstdotierte Ehrung für einen Bildhauer in Europa. Viele seiner Arbeiten setzen sich künstlerisch mit der Shoah auseinander.
Eines seiner Interessengebiete ist die untergegangene Welt der polnischen Holzsynagogen. So war es ihm eine gerne angenommene Aufgabe, ein Brett aus einer Fachwerk- (= Holz-)synagoge künstlerisch zu bearbeiten.
Diese Aufgabe erwies sich als nicht leicht. Mehrere Gestaltungsideen wurden verworfen. Dann entschied Karavan, eine exakte Kopie jenes Davidsterns anzufertigen, der als „Judenstern“ erst polnischen, dann deutschen und allen anderen Juden von nichtjüdischen Deutschen angeheftet wurde, um sie durch dieses Zeichen zu brandmarken, für die Verfolger erkennbarer zu machen. Karavan recherchierte genau, besorgte sich Unterlagen mit den genauen Maßen und fertigte diesen Stern aus Stoff an. Auch das Wort „Jude“ wurde vorbildgetreu mittig auf den Stern geschrieben, der Stern dann auf das Brett aufgeklebt. Karavan in einem Telefongespräch: „Das war zu hart, kaum zu ertragen.“ Nach verschiedenen Gesprächen, u. a. mit seiner Tochter, entschied er, das Wort „Jude“, wie auch den schon auf dem Brett befindlichen 8- strahligen Stern vom Vöhler Synagogenhimmel golden zu übermalen. Eine neue, hellere, „goldenere“ Zeit, eine Normalisierung und Verbesserung der Beziehungen zwischen Juden und anderen Völkern wird erhofft, erscheint möglich bei gegenseitiger Achtung und Toleranz. Aber Sorgfalt und Wachsamkeit sind geboten. Das Alte verbirgt sich unter einer Hoffnung machenden schimmernden Oberfläche. Aber wie leicht könnte diese Oberfläche angekratzt und das Verborgene erneut sichtbar werden.
„Verborgenes wird sichtbar“, dies ist an anderen Stellen des Brettes bereits geschehen: die verschiedentlich fragmentarisch auftauchende dunklere blaue Farbe stammt von einem früheren Anstrich, der bereits um 1900 durch ein helleres Blau ersetzt wurde.
© Kurt-Willi Julius
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