Freitag, 14. November 2025, Waldeckische Landeszeitung / Lokales
„Licht ins Dunkel tragen“
Vöhl erinnert mit Veranstaltungen an die Novemberpogrome von 1938
Vöhl – In Vöhl ist am 9. November der Opfer der Pogrome von 1938 gedacht worden. Am Sonntag wurden zunächst ein Gottesdienst in der Kirche und anschließend eine Gedenkfeier in der ehemaligen Synagoge abgehalten.
Pfarrer Harald Wahl ging in seiner Predigt auf die Unterschiede zwischen Judentum und Christentum ein. Beide Religionen hätten zwar gemeinsame Wurzeln, unterschieden sich jedoch in ihren Vorstellungen von der zukünftigen Welt Gottes. Wahl erinnerte an seinen Besuch in Israel im Jahr 1980, bei dem die ständige Bedrohung des Staates bereits spürbar gewesen sei – daran habe sich bis heute nichts geändert. „Ministerpräsident Rabin sei ein Mann des Friedens gewesen, der zum Schweigen der Waffen aufgerufen habe, sei jedoch leider ermordet worden“, so Wahl. Auch die Politik Israels sei nicht frei von Schuld. Angesichts des Gedenkens an die Pogrome von 1938 sei es wichtig, die Erinnerung wachzuhalten, zu beten und zu versuchen, Licht ins Dunkel zu tragen.
In der Synagoge begrüßte Philipp Wecker, Vorsitzender des Fördervereins, die Anwesenden und erinnerte an ein Ereignis, das sich 2025 zum 90. Mal jährt: die Verabschiedung der Nürnberger Gesetze im Jahr 1935. Diese bildeten die gesetzliche Grundlage für die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung und markierten den Beginn ihrer systematischen Ausgrenzung. Auch heute gebe es wieder eine Partei, die versuche, mit Ausgrenzung Politik zu machen. Die „Stadtbildaussage“ des Kanzlers sei in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht hilfreich gewesen. Aktuell zeige sich erneut ein latenter Antisemitismus. „Wir sollten aus der Vergangenheit lernen und aktiv für die Demokratie eintreten“, appellierte Wecker an die Anwesenden.
Anschließend wurden die Namen der 82 aus Vöhl stammenden Opfer des Holocaust verlesen – jeweils mit Alter und Todesort. Karl-Heinz Stadler hatte kürzlich weitere Namen jüdischer Opfer recherchiert, sodass sich die Zahl der bekannten Opfer erhöht hat. Zu Ehren der Verstorbenen wurden Kerzen entzündet. Nach einem Querflötenstück wurde ein Gebet in deutscher und aramäischer Sprache gesprochen. Mit dem aaronitischen Segen endete eine eindrucksvolle Gedenkstunde.HANS PETER OSTERHOLD
