Mittwoch, 28. September 2022, Waldeckische Landeszeitung / Lokales
Grauen, Gedenken und Alltag
Fotoausstellung zu Theresienstadt in der Vöhler Synagoge
VON ARMIN HENNIG

Vöhl – „In deinen Mauern wohnt das Leid“ lautet der Titel einer Fotoausstellung zu Theresienstadt in der Vöhler Synagoge. Zu sehen sind Bilder von Alexis und Dr. Wolfgang Werner, die ihre Aufnahmen aus dem Ghetto in analoger und digitaler Technik vorgenommen hatten. Die Ausstellung mit Aufnahmen aus Lager, Zitadelle und Lidice rundet die Veranstaltungsreihe zum Gedenken an die vor 80 Jahren durchgeführten Deportationen in das zumeist als Sammel- und Durchgangslager genutzte Theresienstadt ab.
Dokumente zur Identität und den Hintergründen der betroffenen Juden aus Vöhl sind ebenfalls ausgestellt, auch Auszüge aus dem Poesiealbum von Selma Rothschild (wir berichteten).
Bei der Sicht auf das Lager und die als Gefängnis genutzte Zitadelle der barocken Anlage legt die Fotokunst nicht nur den Fokus auf das Grauen oder die Trauer über die als Konsequenz einer mörderischen Ideologie eingesperrten und getöteten Menschen. Momentaufnahmen von Situationen und Einblicke in Gebäude, in die längst wieder der Alltag Einzug gehalten hat, runden das Panorama ab. In einer Konstellation hängen ein Ausschnitt des Galgens mit dem wieder als Wohnhaus genutzten Lagerbau nebeneinander. Friedhof und geheime Untergrundsynagoge bilden ein anderes Paar.
Den zweiten eindrucksvollen Schwerpunkt bildet das Thema Lidice, jenes im Zuge der Repressalien für das Heydrich-Attentat vollkommen ausradierte Dorf, dessen erwachsene Bevölkerung hingerichtet wurde. Relikte wie ein Christustorso und eine zeitgenössische Aufnahme der Kirche gehören ebenso zu den im Konzertraum gezeigten Impressionen wie das Denkmal für die Kinder von Lidice. Zehn von ihnen sollten im Lebensbornprogramm arisiert werden, während die übrigen 180 der Vernichtung anheim fielen.
Eigentlich sollte die Veranstaltung unter Beteiligung von Zeitzeugen aus Hessen stattfinden, doch beide mussten aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen. Stellvertretend fungierte das hr-feature „Sonny – eine Geschichte über den Holocaust, Eintracht und Frankfurt über Helmut Sonneberg als Einführung. Dr. Wolfgang Werner ergänzte das Filmprogramm durch Auszüge aus den Memoiren von Sonnys Halbschwester Lilo Günzler, die mit Zustellung der „Transportscheine“ und Abschied am Bahnhof das unmittelbare Entsetzen stärker akzentuierte als die stärker auf den Sport und die Gegenwart fokussierte Fernsehproduktion.
Die Ausstellung ist vor und nach den Veranstaltungen zugänglich so wie jeden Sonntagnachmittag von 15 bis 17 Uhr.