Rothschild, Miguel (K)

Bemaltes Brett schwebt im Holzrahmen
Und die Nacht war dunkel und erhellte die Nacht (2005)
© Kurt-Willi Julius

Miguel Rothschild

(*1963 in Buenos Aires; lebt in Berlin)
ist ein Künstler, der sich in Argentinien und Spanien durch zahlreiche
Ausstellungen bereits einen viel beachteten Namen gemacht hatte,
bevor er nach Berlin übersiedelte und sich in der deutschen Kunstszene
etablieren konnte. Er ist Enkel eines aus Vöhl stammenden Juden. So
stellte es für ihn eine besondere Herausforderung und Motivation dar, an
diesem Projekt teilzunehmen.
Seine erste Reaktion, nachdem er das Brett erhalten hatte: „Es ist
wundervoll!“ Dann begann eine lange und schwierige
Auseinandersetzung mit dem Material und dem Ort und der Geschichte
seiner Herkunft, zugleich Ort der Herkunft von Rothschilds Vorfahren, die
diesen verlassen mussten, um zu überleben.
„Und die Nacht war dunkel und erhellte die Nacht“ zeigt einerseits dunkel
schimmernde Wolken, durch die sich leuchtend das Licht eines Sterns
bricht. Aber es zeigt auch dunkle Schatten, Rauchschwaden, ein
vielleicht verkohltes Stück Holz, auf das der Widerschein der Feuer der
in der Pogromnacht zerstörten Synagogen fällt.
Noch etwas Besonderes ist auf diesem Brett zu entdecken: bis etwa ins
Jahr 1900 hinein war der Synagogenhimmel in einem dunkleren Blau
gestrichen (das z. B. auf dem Brett, das Dani Karavan bearbeitete, noch
zu erkennen ist). Die Sterne waren damals nicht aufgemalt, sondern aus
Papier geschnitten und aufgeklebt. Bei genauer Betrachtung kann man
am Himmel der Synagogenkuppel noch mehr als 10 dieser Papiersterne
unter dem helleren Blau erblicken. Auf dem von Miguel Rothschild
bearbeiteten Brett befindet sich nun einer dieser Papiersterne genau
unter dem neueren, aufgemalten Stern.
Miguel Rothschild: (Antworten im E-Mail-Interview; vgl. folgende Seite)
1. Ich dachte, dass diese Sternbretter einen ganz besonderen Inhalt
und Stärke hatten und dass es sehr schwer sein wird eine Arbeit
daraus zu machen.
2. Es hatte einen familienhistorischen Hintergrund. Mein Großvater
und seine Vorfahren wurden in Vöhl geboren.
3. Ich finde, es ist sehr passend die Synagoge für Kulturevents zu
nützen, die eine Verbindung zur Geschichte Deutschlands und zum
Judentum haben. Die Symbolik des Ortes kann eine Ausstellung
verstärken, deswegen finde ich es interessant, wenn die Symbolik
des Ortes im Konzept der Ausstellung wahrgenommen wird.

E-Mail-Interview mit Miguel Rothschild
Dear artists taking part at the exhibition in Voehl,
as a staff member of the local newspaper I write about the upcoming art exhibition in
the synagogue. Would you mind answering the three following questions? This short
E-Mail-Interview will help as you won't be at the opening personally. Thank you very
much for your help.
1. Painted boards from a synagogue in Germany as basics for works of art - what
was your first thought, when you heard about this exhibition?
2. Has your decision to participate first of all a religious, political or artistic
background?
3. To use a German synagogue for cultural performances or events like in Voehl
- do you think this is the right way for this kind of buildings with such a highly
symbolic nature?
Kind regards,
yours
Thomas Kobbe
Waldeckische Landeszeitung - Frankenberger Zeitung
Lokalredaktion, Lengefelder Straße 6, 34497 Korbach

Übersetzung:

Liebe an der Ausstellung in Vöhl teilnehmende Künstler,
ich bin Mitarbeiter der Lokalzeitung und schreibe über die bevorstehende
Kunstausstellung in der Synagoge. Würde es Ihnen etwas ausmachen, die drei
folgenden drei Fragen zu beantworten? Dieses kurze E-Mail-Interview wird hilfreich
sein, da Sie bei der eröffnung nicht persönlich anwesend sein werden. Ich danke
Ihnen sehr für Ihre Mitarbeit.
1. Bemalte Bretter aus einer Synagoge in Deutschland als Ausgangsmaterial für
Kunstwerke – welches war Ihr erster Gedanke, als Sie von dieser Ausstellung
hörten?)
2. Hatte Ihre Entscheidung teilzunehmen in erster Linie religiöse, politische oder
künstlerische Gründe?)
3. Eine deutsche Synagoge für kulturelle Veranstaltungen oder Ereignisse zu
nutzen wie in Vöhl – denken Sie, dass das der richtige Weg für Gebäude mit
solch einem wichtigen symbolischen Charakter ist?)
Freundliche Grüße,
Ihr
Thomas Kobbe
Waldeckische Landeszeitung - Frankenberger Zeitung
Lokalredaktion, Lengefelder Straße 6, 34497 Korbach
Hier der Link zum Eintrag im Personenverzeichnis „Juden in Vöhl“
Rothschild, Miguel

Bruchstück eines bemalten Holzbrettes
© Kurt-Willi Julius

Mann im Atelier
© Rainer Herfurth

Bemaltes Brett schwebt im Holzrahmen
© Kurt-Willi Julius

Detail des Bretts mit Stern
© Kurt-Willi Julius

Detail des Bretts mit Beschriftung
© Kurt-Willi Julius

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