Genisa in Vöhl

Karton mit losen Blätter in hebräischer SchriftFoto: Berthold Herberz

Eine Geniza, Genisa (Lager, Depot, Speicher) dient zur Aufbewahrung verbrauchter jüdischer liturgischer Schriften. In der Vöhler Synagoge wurde der Dachboden dafür benutzt. Hier wurden Texte, die man nicht mehr benutzte, verschlossen abgelegt. Sie dürfen nicht einfach weggeworfen werden. Im Jahre 1999 wurde die Genisa von Jürgen Evers gefunden.

Fast alle Text sind Druckschriften in hebräischer Schrift - teilweise durch deutsche Übersetzung ergänzt. Drei Gebetbücher, eine Ausgabe der Thora (5 Bücher Moses), eine Predigt-Sammlung und ein Gebetbuch zu Pessach sind noch zu erkennen. Eine Schrift - die Thora - ist in Jiddisch verfasst, geschrieben mit hebräischen Buchstaben. Ein Blatt ist in Deutsch: es war Teil eines Schulbuchs.

Die Leserichtung der hebräischen Schrift ist von rechts nach links; die Schreibrichtung ist ebenso von rechts nach links. Und auch die Bücher sind für unsere Auffassung von Hinten aufzuschlagen. Dies gilt auch für die zweisprachigen Ausgaben in Hebräisch/Deutsch.

Neben den beschriebenen Büchern oder Buchfragmenten besteht ein Großteil der Genisa aus Gebetbuchseiten, lose verbunden oder einzeln und nicht mehr zuzuordnen.

Siddurim, Gebetbücher für den Gottesdienst

Ein Siddur wird im Alltag und an Schabbat benutzt. Er enthält Gebete und Segenssprüche. 

Aufgeklapptes BuchSiddur, Gebetbuch mit vollständigen Einband. Titelblatt verloren. Hebräisch. 18x11x2cm. Name des Eigentümers im vorderen Deckel nicht lesbar. Der hintere Deckel (siehe Foto) trägt vermutlich Namen naher Angehöriger, um diese im Gebet zu nennen.

Aufgeklapptes BuchSiddur, Gebetbuch nur mit vorderen Deckel. Der Eigentümer war Sigmund Lazarus aus Vöhl. Hebräisch. 18x11x1,5cm. Verlag Lehrberger, 1881, Rödelheim.

Aufgeklapptes BuchSiddur, Gebetbuch ohne Einband und Frontblatt. 20x12x2cm. Hebräisch - Deutsch.

Machsor, Gebetbuch zu Pessach

Ein Machsor, ist eines der Gebetbücher zu jüdischen Festen.

Einzelne BuchseiteGebetbuch (Machsor) zu Pessach. Ohne Einband und Titelblatt, Hebräisch. 16x18x?cm.

Erhaltene Gebetbücher

Buchrücken
Aufgeklapptes Buch

 

Als Vergleich 5 gut erhaltene Machsorim. Eine komplette Ausgabe hat 9 Bände. Hier in Hebräisch - Deutsch. 1892 und 1898, Lehrberger, Frankfurt. 20x13x2cm. Die Funde aus der Vöhler Genisa haben ursprünglich so ausgesehen. Diese fünf Bücher sind ein Geschenk der Jüdischen Gemeinde Marburg.

Führender Verlag zu dieser Zeit war die Firma Lehrberger - Verlag und Druckerei in Rödelheim, Frankfurt am Main. Nachdem zunächst der Verlag Dr. Felix Kauffmann – Hebrew Publishing Co., in New York das Programm übernommen hatte, wurde der Nachfolger der Verlag Victor Goldschmidt in Basel, wo die Gebetbücher unter dem Schlagwort "Rödelheimer Ausgabe" heute noch erhältlich sind. 

Der Machsor aus der Genisa gehört wohl nicht zu den "Rödelheimer Ausgaben". Sie hat ein anderes Format. 

Thora, Fünf Bücher Moses (Jiddisch)

Im Jüdischen ist es die Thora, die aus fünf Büchern besteht. Die Bezeichnung "5 Bücher Moses" geschieht aus christlicher Sicht.

Buch ohne Deckel

Ausschnitt einer Buchseite

Ausschnitt einer Buchseite

Ausschnitt einer BuchseiteDie Thora (Fünf Bücher Moses) in Jiddischer Sprache in hebräischer Schrift. Einband und Titelblatt fehlen. 20x17x5cm. Das Buch ist mit mehreren Holzschnitten bebildert.

Die Jiddisch Sprache ist fast tausend Jahre alt und wurde und wird von Juden in weiten Teilen Europas gesprochen und geschrieben. Sie ist eine aus dem Mittelhochdeutschen hervorgegangene Sprache. Die jiddische Sprache hat sich im Mittelalter zunächst im Zuge der Ostsiedlung, später auch infolge der durch Verfolgung bedingten Migration der Juden vom deutschsprachigen Gebiet aus in Europa verbreitet, besonders nach Osteuropa. In Folge des 1. Weltkriegs wurden viele Juden aus Polen vertrieben und kamen nach Deutschland. Die meisten dieser Personen sprachen Jiddisch.

Materialien für Predigten und Exhorten für Rabbiner und Prediger

Buch ohne Deckel"מטה אהרן Der Aharonsstab. Hauspostille für jüdische Familien", Prag, 1861. Deutsch. Fehlt der Einband? Links gebunden. 23x15x?cm.

Das Heft enthält „homiletische [die Predigtlehre betreffende] Betrachtungen HAFTORAH zu den fünf Büchern Mosis“. Es sind Materialien zu Predigten und Exhorten (Ermahnungen) für angehende Rabbiner und Prediger zu den fünf Büchern Moses also der Thora. Die Haftara (Haftorah) ist die öffentliche Lesung aus den Prophetenbüchern.
Vom Autor Adolf Ehrentheil sind heute noch Nachdrucke anderer Schriften (z.B. Karmel, Myrthenzweige: Trauungs-Reden) erhältlich. 

Schulbuch

Einzelne Seite eines BuchesEinzelnes Blatt eines deutschen Schulbuchs. Die Aufgaben für die Schüler/innen sind in kleinerer Schrift. 18x12cm

Fotos: Berthold Herberz

Alle Angaben sind mit der freundlichen Unterstützung von Herrn Beni Pollak, Lehrer des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen erstellt.

Weitere Bücher aus dem Judentum im Museum:

Bücherfunde ausserhalb der Genisa
Pessach-Buch
Siddur
Tanach
Zohar

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