Vöhl – Quartett statt Septett, „Scheinwerfer“ statt „Riverside Jazz Messengers“, Erntezeit und Krankheit hatten einen spontanen Wechsel beim Jazz-Sommerkonzert in der ehemaligen Synagoge erforderlich gemacht.

Mit Dietfrid Krause-Vilmar saß immerhin die personelle Schnittstelle zwischen beiden Ensembles am Schlagzeug. Der Doyen erwies sich dabei durchaus offen für Experimente und trommelte aus dem Stand den Takt zu seiner persönlichen Premiere: „Yakety Sax“, Boots Randolphs populärer Kreuzung aus Jazz und hüpfenden Westernrhythmen, die, dank etlichen Gastspielen in Film und Fernsehen, jedem vertraut ist, auch wenn die wenigstens den Titel kannten.

Die übermütige Zugabe markierte den Gipfel einer steilen Steigerungskurve in einem Arrangement von Standards, bei der sich Jazzfreunde auf Anhieb wie daheim fühlten. Zum Auftakt erklang mit George Shearings „Lullaby for Birdland“ die Hommage den legendären Jazz-Club der Swing-Ära. Mit samtigen Tenorsax übernahm Stefan Metz zunächst die melodische Führungsrolle bei diesem Klassiker, ehe Pianist Udo Krüger und Bassist Till Spohr ihren ersten Auftritt im Rampenlicht hatten.

„Basin Street Blues“ und „On the Sunny side of the Street“, variierten diesen Wechsel bei den Solos mit finalem Sax-Ausrufezeichen auf eher gemächliche Weise, ehe das Quartett „Bei mir bist du scheen“ die Intensität deutlich steigerte. Der Wechsel zum Bariton-Sax markierte auch optisch diesen Einschnitt in Sachen Tempo und Dynamik im Umgang mit dem Klassiker, ein paar Dezibel mehr beim Beifall waren der Lohn.

Die Stellvertreter-Combo hatte das Publikum nun ganz für sich gewonnen, zumal die Spannung bei der düsteren Ballade „St. James Infirmary“ keineswegs nachließ. Piano und Bass stellten in einer schwermütigen Introduktion die Atmosphäre her, ehe das Sax die Reaktion des jungen Mannes nachzeichnete, der seine Liebste im Leichenschauhaus wiedersehen muss.

Als lebensfrohes und liebeslustiges Kontrastprogramm schlossen „Georgia on my mind“ und „All of me“ die erste Hälfte ab. Als Bonus konnten die Zuhörer die Erkenntnis in die Pause mitnehmen, dass es sich bei Georgia keineswegs um eine Huldigung des Dichters an den Heimatstaat, sondern um eine Liebeserklärung Stewart Gorells an die Schwester des Komponisten Hoagy Carmichael gehandelt hatte.

Auch die zweite Hälfte bestand aus einer abwechslungsreichen Folge von Standards, die erfolgreich auf der emotionalen Klaviatur der Zuhörer spielte. Dabei setzten George Gershwins „Summer time“ oder Joseph Kozmas „Autumn leaves“ die eher schwermütigen Akzente, während „Blueberry Hill“ und „Fly me to the moon“ für erfüllte Hoffnungen und damit verbundene Glücksgefühle standen.

Für Initiator Dietfrid Krause-Vilmar bedeutete der Auftritt mit dem Quartett keineswegs den Ersatz für das von ihm angeregte Konzert mit den Riverside Jazz Messengers, das zu gegebener Zeit nachgeholt werden soll. Die Besucher dieser rundum gelungenen Stimmungsreise in Jazz Standards dürften jetzt schon für den Auftritt des großen Ensembles motiviert sein.