Frische Songs und viele Klesmer-Klassiker
 
Akzentuierter Auftritt: Die Gruppe „Aufwind“ in der Besetzung (von links) Claudia Koch, Hardy Reich, Janek Skirecki, Andreas Rohde und Jan Hermerschmidt. Foto: Armin Hennig
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Hennig, Armin

VON ARMIN HENNIG

Vöhl - Zur musikalischen Feier des 20-jährigen Bestehens ist „Aufwind“ die Idealbesetzung, denn das Klesmer-Quintett aus Berlin hatte nicht erstmals zum ersten Geburtstag des Synagogenvereins aufgespielt, sondern seitdem vier weitere Auftritte in Vöhl absolviert.

Mit frischen Songs vor der Pause und einem reichhaltigen Best of im zweiten Teil begeisterten die fünf Musiker gleichermaßen langjährige Fans wie Klesmer-Novizen. Denn für eigens angereiste Nachfahren der Vöhler Juden gerät der Auftritt von „Aufwind“ zum erstmaligen Live-Kontakt mit dem jiddischen Jazz, in einem Konzert, das viele Musikstile streift und keinen Lebensbereich auslässt.

Schon der erste Titel beginnt außerhalb des Ghettos, wenn auch hinter Gittern. Denn in „Lemotschniki“ erzählen sich drei Kriminelle ihre Vorgeschichte. Als Geigerin singt und spielt Claudia Koch überaus glaubwürdig die Rolle der Frau, die sich, mittels einer Saite um den Hals ihres Gatten, weitere Misshandlungen erspart hatte. Auf die groteske Humoreske aus dem Untergrund von Odessa folgt ein Naturidyll mit nachdenklichem Hintergrund. Die Vertonung von Itzik Mangers Reaktion auf Wolkenbilder und vorbeifliegende Vögel illustriert den Gedankenflug über die Vergänglichkeit der Welt durch den permanenten Wechsel der Instrumente zwischen den Strophen.

Die gut nachvollziehbare Art und Weise, in der bezeichnender Einsatz Instrumente und unmittelbar ansprechende Arrangements das Geschehen nachvollziehbar machen, unterscheidet „Aufwind“ positiv von schlichter gestrickten Ensembles, deren Stücke alle auf den Umschlag von tiefster Traurigkeit auf rasant jubilierende (Über-)Lebensfreude ausgerichtet sind. Im Schlaflied einer Mutter, die längst müder als ihr Kind ist, markiert das Absinken der Begleitstimmen auf immer tiefere Töne, bis zum letzten solistischen Basslauf von Janek Skirecki den Erfolg der Bemühungen.

Die Fähigkeit zur Integration anderer Musikstile macht Klesmer zur idealen Grundlage für Weltmusik, und eröffnet den Solisten zugleich ein freies Feld für Soli und Duette. In der Rolle des lange getrennten Liebespaares, das vor der Versöhnung erst einmal seine Differenzen ausräumen muss, spielen sich Jan Hermerschmidt und Claudia Koch gegenseitig die Themen zu und überbieten einander immer wieder bei virtuosen Läufen, ehe der letzte gemeinsame Durchgang den wieder erreichten Einklang hörbar macht.

Im Verlauf des Konzerts bereicherte der Wechsel zwischen Sopran-, Alt und Baritonklarinette mit unterschiedlichen Stimmfarben das Klangbild. Andreas Rohde setzte mit dem Bandoneon einige Tango-Akzente, Hardy Reich glänzte immer wieder als Sänger-Darsteller mit Mandoline oder Banjo, so auch in der mit Claudia Koch in der Rolle der Squaw als Western-Klamotte in der drastisch in Szene gesetzten Zugabe „Schnucki, ach Schnucki, fahrn mer nach Kentucky“.

 
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